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Chatbots für L&D: Anlaufstelle, Wegweiser oder Bestimmungsort?

** Bitte beachten: Alle Experimente wurden in englischer Sprache durchgeführt.

Wo suchen Sie als Erstes, wenn Sie Antworten auf Fragen benötigen? Bis vor einigen Jahren sehr wahrscheinlich auf Google. Doch heute erhält ChatGPT immer mehr den Vorzug vor klassischen Suchmaschinen. Denn wer will sich schon durch Links klicken, wenn ein Chatbot direkt eine Antwort liefern kann?

Chatbots etablieren sich zunehmend zur ersten Anlaufstelle für Online-Aktivitäten, findet man sie heute doch praktisch überall – von Social-Apps und Suchmaschinen bis hin zu Smartphones.

Doch welche Bedeutung hat das für Lerntechnologie? 

Von Anlaufstellen, Wegweisern und Bestimmungsorten

Wie Chatbots ins Umfeld der Lerntechnologie passen, ergibt sich daraus, welche Phasen Lernende durchlaufen. Bei der Entwicklung neuer Skills verhält es sich ganz ähnlich wie bei der Suche nach einem Hotel für eine Übernachtung: Das Lernerlebnis setzt sich aus Anlaufstellen, Wegweisern und Bestimmungsorten zusammen:

Die Anlaufstelle bildet dabei den Anfang einer Lernreise, der Wegweiser dient als Navigator, der durch die Lernreise führt, und der Bestimmungsort ist das Ziel, an dem die Lernenden schließlich ankommen.

Wer etwa eine Reise buchen möchte, würde womöglich zuerst auf Google suchen – das wäre die Anlaufstelle. Auf einen Vergleich der Angebote auf einem Portal wie Kayak (dem Wegweiser) würde dann die Buchung auf der Website eines Hotels — dem Bestimmungsort – folgen.

Ganz ähnlich lassen sich die Ressourcen kategorisieren, die Mitarbeitende auf ihrer Lernreise verwenden. Nimmt man etwa die Lerntechnologie-Ökosysteme vieler Degreed-Kunden, so setzen sich diese aus einer Kombination aus Anlaufstellen, Wegweisern und Bestimmungsorten zusammen.

Lernende nutzen zunächst eine Anlaufstelle wie eine E-Mail, App, Browser-Erweiterung, Microsoft Teams oder das Intranet, um ihre Lernreise zu beginnen. Diese Anlaufstelle führt sie zum Wegweiser für ihre Lernaktivitäten, nämlich unsere LXP. Die LXP wiederum führt sie zu ihren Bestimmungsorten, also etwa ein LMS, Coursera, LinkedIn Learning oder andere Anbieter von Lerninhalten.

Logischerweise können Lernende nicht immer direkt beim Bestimmungsort beginnen. Deshalb bildet der Wegweiser ein so zentrales Element im Kontext von Lerntechnologie. Denn er holt Lernende dort ab, wo sie sind, und führt sie komfortabel zur nächsten Station.

Über den Wegweiser können Lernende ihre Optionen einsehen und vergleichen, von denen es mitunter Tausende gibt. Ebenso liefert er kuratierte und personalisierte Empfehlungen und übernimmt die Verwaltung von Zugriffsrechten (Autorisierungen, Genehmigungen, Berechtigungen, Integrationen), damit die Lernenden das erhalten, was sie benötigen.

Welchen Weg Lernende dabei einschlagen, wird vom jeweiligen Anwendungsfall bestimmt. Abhängig von diesem wiederum kann ein Chatbot als Anlaufstelle, Wegweiser oder Bestimmungsort fungieren. Sehen wir uns an, was das konkret bedeutet.

Chatbots für Anwendungsfälle rund um Lernen am Arbeitsplatz

1. Lösung bestimmter Fragestellungen im Arbeitsalltag

Sie haben den Aufbau einer bestimmten Funktion in Excel vergessen? Oder Sie müssen sich wieder in Erinnerung rufen, wie Sie Ihr CRM aktualisieren? Ein Chatbot kann Ihnen dabei auf Anhieb helfen. Wenn es um Fragen und Antworten, Brainstorming oder die Erstellung oder Zusammenfassung von Inhalten geht, stellen Chatbots vermutlich Ihren finalen Bestimmungsort dar. 

2. Abschluss von Compliance-Schulungen

Einen weiteren gängigen Anwendungsfall für Lernen am Arbeitsplatz bilden Compliance-Schulungen. Ich kann nur für mich sprechen, aber wenn es um solche Schulungen geht, muss ich darüber benachrichtigt werden — aus freien Stücken würde ich mich danach wohl nie erkundigen. Über derartige Benachrichtigungen hinaus ist es zudem wichtig, den Status zugewiesener Schulungen einsehen zu können und Zugriffsrechte für die entsprechenden Materialien zu erhalten.

Käme ein Chatbot als weitere Anlaufstelle für Compliance-Schulungen infrage? Technisch gesehen durchaus. Fraglich ist allerdings, ob er auf diese Weise genutzt werden würde.

Warum? Nun, sehr wahrscheinlich werden Mitarbeitende vergessen, den Chatbot zu fragen, oder sie haben schlichtweg keine Lust dazu. Chatbot-Technologie ist aber auf Anweisungen angewiesen. Darin besteht auch eine der häufigsten Hürden bei der Nutzung von Chatbots zum Lernen in Unternehmen: Sie reagieren erst, wenn man sie etwas fragt.

3. Planung neuer Karrierewege

Neuen Mitarbeitenden oder solchen, die gerade befördert wurden, ist nicht unbedingt klar, was sie nicht wissen. Da alles noch ungewohnt ist, brauchen Sie einen Wegweiser – eine Funktion, für die ein Chatbot nicht immer am besten geeignet ist.

Um ein guter Ratgeber zu sein, muss der Chatbot über eine Vielzahl von Informationen über die Mitarbeitenden, ihr Unternehmen und ihre Rolle verfügen. Selbst wenn Chatbot-Technologien mit all diesen Details angereichert werden, haben sie häufig Probleme damit, Lernende an externe Ressourcen zu vermitteln.

Anders als ein Chatbot kann ein Lernsystem wie eine LXP dabei helfen, diese komplexe Übergangsphase zu meistern. Möglich macht sie dies wie folgt:

  • Management von Kurseinschreibungen und Versand von Benachrichtigungen
  • Integration in ein breites Spektrum an ergänzenden Systemen und Anwendungen
  • Mehrstufige Anleitung für komplexe Skills
  • Erstellung von Berichten zu relevanten Lerninhalten für die jeweilige Rolle

Welche Rolle kommt einem Chatbot in diesem Szenario also zu? Wird er korrekt programmiert, kann er als Anlaufstelle fungieren, die zu einem Wegweiser wie einer LXP führt. Ebenfalls möglich wäre, dass er allgemeine Ratschläge gibt oder motivierende Kommentare liefert und so einen ergänzenden Bestimmungsort bildet.

4. Entwicklung neuer Skills

Upskilling wie auch Reskilling sind wichtiger als je zuvor. Was es dafür braucht, ist fortlaufender Einsatz, konsequentes Üben und kontinuierliche Zusammenarbeit. Bei meinem Bestreben, mehr über KI zu lernen, benötige ich Möglichkeiten zur Diskussion und praktischen Anwendung von Konzepten. Eine Anweisung an ChatGPT wie „sag mir alles über KI, was ich wissen muss“ wird mir diese Praxis aber ebenso wenig vermitteln können wie die nötige Zusammenarbeit.

Dagegen kann eine Akademie in Sachen Skillentwicklung Wegweiser und Bestimmungsort zugleich sein. Denn in einer Akademie lassen sich komplexe Lernreisen koordinieren, Workflows für praktische Übungen und Feedback umsetzen sowie klassenbasiertes Lernen und Zusammenarbeit steuern.

Was ist aber mit dem Chatbot? Er kann eine unterstützende und ergänzende Rolle spielen. Denn er kann einer der diversen Bestimmungsorte von Drittanbietern sein, die in das Lernerlebnis eingebunden sind. Als solcher kann er Möglichkeiten für Rollenspiele und zur Reflexion oder auch zum Einholen von Feedback bieten.

5. Ermittlung von Möglichkeiten zur Weiterentwicklung

Wie wir bereits festgestellt haben, liefert ein Chat-Interface nur auf Anfrage den gewünschten Output. Hinzu kommt, dass es Informationen nur als linearen Text präsentiert und auch nicht unbedingt Zugang zu den nötigen Informationen hat. Dementsprechend ist ein Chatbot nicht ideal, um Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen zu durchsuchen, zu filtern oder zu ermitteln. 

Über Lern- und Talentsysteme lässt sich besser ausmachen, was verfügbar ist, ohne sie explizit danach fragen zu müssen. Außerdem verfügen sie über Daten zu Lernenden (wie etwa ihre Skills), anhand derer sie feststellen können, ob die jeweiligen Möglichkeiten zu ihnen passen.

Ein Chatbot erweist sich jedoch als durchaus effektives Mittel zur persönlichen Reflexion. Sagt man ihm nämlich, welche Interessen man hat, kann er dabei helfen, Ziele, Pläne und alternative Karrieremöglichkeiten zu formulieren, die man vielleicht selbst übersehen hätte. Nachdem man die Optionen abgewägt hat, kann man den Chatbot zudem als Anlaufstelle zu den Talentsystemen des Unternehmens nutzen, um festzustellen, welche Arten von Lernangeboten verfügbar sind.

Die Einsatzmöglichkeiten von Chatbots für L&D sind begrenzt.

Chatbots erweitern die Lernreise zwar um neue Möglichkeiten, können aber längst nicht alles abdecken. So groß die Euphorie um sie vielleicht sein mag, so wichtig ist es auch, sich ihre Einschränkungen vor Augen zu führen:

Ohne Frage keine Antwort: Wer eine Orientierungshilfe oder Empfehlungen braucht, kann von Chatbots nicht allzu viel erwarten. Sich immer erst überlegen zu müssen, was man sie fragt, könnte so manchen also von der Nutzung abhalten.

Mängel bei Weiterleitung und Navigation: KI ist so angelegt, dass sie immer eine Antwort liefert (selbst wenn diese frei erfunden ist). Allerdings ist sie keine besonders große Hilfe bei der Vermittlung an andere Orte. Wenn es darum geht, Benutzerinnen und Benutzer mit Suchergebnissen zu verbinden, machen Chatbots zwar Fortschritte. Über die Zugriffs- und Berechtigungsanforderungen von Unternehmensressourcen kommen sie dabei nur schwerlich hinaus.

Das nachfolgende Beispiel macht dies anhand einer Anfrage deutlich, bei der GPT-4o (das neueste Modell von OpenAI) eine Zusammenfassung zu einem Buch liefern soll. Obwohl das Modell in der Lage wäre, das Internet zu durchsuchen, tut es dies zunächst nicht, sondern erfindet eine völlig falsche Antwort. Selbst im Rahmen ihrer sehr begrenzten, nativen Tools haben die neuesten Modelle Schwierigkeiten, Anfragen adäquat weiterzuleiten.

Geringe Benutzerkenntnis: Ein Chatbot ist sich seiner Anweisungen bewusst und nutzt die Daten, anhand derer er trainiert wurde, um zu reagieren. Neue Modelle wie GPT-4o aktualisieren ihre grundlegenden Benutzerkenntnisse anhand des Chatverlaufs. Dass diese Daten die neuesten Aktivitäten und Informationen beinhalten, die von den Arbeits- und Lernanwendungen eines Benutzers oder einer Benutzerin erfasst werden, ist jedoch nicht unbedingt gesichert.

Spezialisierte Workflows nicht umsetzbar: Mitunter kann Lernen zwar über einfache Antworten erfolgen. In anderen Fällen braucht es aber koordinierte Erlebnisse, die ein Chatbot nicht liefern kann, da diese komplexeren Workflows spezifische Kontexte, Steuerungen und Benachrichtigungen erfordern. Bei besonders fortschrittlichen Anwendungen wird inzwischen durch eine Kombination von LLMs versucht, Lernsysteme um multimodale, mehrstufige Erlebnisse zu erweitern.

Chatbots: Zunehmend wichtig für L&D

Chatbots sind zwar nicht für alles geeignet, werden als Anlaufstelle zu spezialisierten Unternehmensanwendungen wie einer LXP oder einem CRM aber immer wichtiger.

In Unternehmen, die nicht über interne Lernressourcen und lizenzierte Anbieter verfügen, können Chatbots als Wegweiser zu externen Angeboten dienen. Verfügen Unternehmen aber über ein Lernökosystem, fungiert eine LXP als Wegweiser für alle Themen rund um L&D.

Auch wenn Chatbots nicht alle Komponenten unterstützen, die für eine umfassende Skillentwicklung erforderlich sind, etablieren sie sich zunehmend als Anlaufstelle für schnelle Antworten.

Was es braucht, sind Verbindungen sowohl zu als auch von den Chatbots und Lernsystemen eines Unternehmens. Denn ohne das eine kann auch das andere nicht vollständig sein.

Sie möchten sich noch eingehender über die Integration der Chatbots Ihres Unternehmens mit Ihrem Lernsystem austauschen? Dann senden Sie einfach eine E-Mail an tblake@degreed.com