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Auf die nächsten zehn Jahre: Ihr Weg zur Umsetzung skillbasierter Organisationsstrukturen

Klassische Berufsbilder dürften in zehn Jahren in etwa das gleiche Schicksal erleiden wie das Klapphandy.

„Weder die Berufsbezeichnung noch die Region, in der eine Person arbeitet, werden künftig das Gehalt bestimmen. Die Grundlage dafür werden stattdessen die Gesamtheit ihrer Skill-Sets und das Niveau bilden, auf dem es sich befindet“, erklärte Degreed CEO David Blake vor einem Publikum aus 350 L&D-Expert:innen auf der Degreed LENS, einer unserer wichtigsten alljährlichen Konferenzen.

Blake beschreibt damit die Merkmale einer sogenannten skillbasierten Organisation – eine Methodik, die bei idealer Umsetzung mehr Wert auf individuelle Skills und die Kompetenzen in diesen Skills legt als auf Jobtitel und statische Rollenbeschreibungen. Eine skillbasierte Organisation stellt Skills in den Mittelpunkt der Arbeit und sorgt so für mehr Agilität und Effizienz sowie eine bessere Bindung von Mitarbeitenden.

Dies mag zunächst wohl eher beunruhigend klingen, werden im Zuge einer skillbasierten Methodik doch sehr wahrscheinlich viele der klassischen Jobstrukturen komplett umgekrempelt. Diverse vorausschauende Unternehmen gehen diesen Weg aber bereits – nicht zuletzt auch deshalb, weil er unausweichlich ist. 

Denn der technologische Fortschritt vollzieht sich inzwischen so schnell, dass viele Berufsbilder und Skill-Sets bereits überholt sind, bevor Mitarbeitende sich überhaupt relevantere Kenntnisse aneignen können, um entstandene Lücken zu schließen.

„Technologie entwickelt sich heute in einem Tempo, mit dem Menschen durch Lernen kaum noch mithalten können“, so Blake. „So haben wir unterdessen einen Punkt erreicht, in dem Skill-Gaps mit jedem Tag, Monat und Jahr größer werden.“

Eine skillbasierte Methodik schafft hier auf innovative Weise Abhilfe. Denn damit können Sie mit technologischen Entwicklungen Schritt halten, effizienter agieren, schneller auf Veränderungen und Innovationen reagieren und Top-Talente anlocken und halten.

Wie aber lässt sich dies in Ihrem Unternehmen umsetzen? Werfen wir hierzu einen Blick auf die Empfehlungen und Erfahrungen der Expert:innen, die auf der Degreed LENS zu Gast waren:

1. Upskilling zielgerichtet gestalten und Zustimmung erhalten

Hinter weitreichenden Veränderungen muss immer auch etwas stehen, das diese rechtfertigt – etwa ein Ziel, eine Vision oder vielleicht auch ein Ergebnis. Genau das gilt es, sowohl Mitarbeitenden als auch Führungskräften zu vermitteln, um deren Unterstützung zu erhalten. Auf diese Weise werden sie sich für die Umsetzung Ihrer Vorhaben engagieren. 

Der Sinn hinter Weiterbildungsmaßnahmen lässt sich zudem durch eine starke, unternehmensweite Mission verdeutlichen. Dies beschrieb etwa Brian Ciccotelli, Learning Experience Designer bei HP, auf der Degreed LENS. So formulierte man für das HP das Ziel, bis 2030 zum „nachhaltigsten und gerechtesten Technologieunternehmen der Welt“ zu avancieren. Entsprechend sind sämtliche Weiterbildungsmaßnahmen des Unternehmens auf dieses Credo ausgerichtet. 

„Entscheidend ist, dass das Ziel überzeugend ist – und mehr bieten mehr als nur ‘Es wird uns profitabler machen oder die Kosten senken’. Vielmehr muss es etwas sein, das auch wirklich motiviert und inspiriert“, stellte Ciccotelli dabei heraus.

Ebenfalls überzeugen kann eine Darstellung des Beitrags, den Skills zur Verzahnung der verschiedenen Bereiche Ihres Unternehmens leisten können. So empfiehlt etwa Michael Griffiths, Principal beim Consulting-Unternehmen Deloitte, dass L&D-Verantwortliche im ersten Schritt Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten in Talent-Marktplätzen zusammenführen. Dies sei insbesondere auch aus Sicht von Mitarbeitenden hilfreich, da ihnen so auf klare und zugleich produktive Weise vermittelt werde, wie sie von der eigenen Weiterbildung profitieren könnten. 

Indem Sie deutlich machen, wie Sie zur Umsetzung der Ziele Ihres Unternehmens beitragen, können Sie zudem Mitarbeitende und auch wichtige Stakeholder dafür gewinnen, sich als sogenannte Champions für Ihre Vorhaben einzusetzen. Degreed Chief Learning Strategist Annee Bayeux zufolge sind diese Champions vergleichbar mit Influencern in Social Media: Sie sollten eine gewisse Anhängerschaft aufweisen, als Vorbilder fungieren und die Vorteile von Weiterbildung in einer Weise an andere Mitarbeitende weitertragen, die sie zum Lernen motiviert.

„Sie müssen hierfür nicht unbedingt hochrangig sein. Wichtig ist aber, dass sie einen Einfluss auf andere haben“, erklärt Bayeux dazu.

Auf die Frage danach, worin die Vorteile von Weiterbildungsmaßnahmen liegen, müssen L&D-Verantwortliche jedoch nicht für Mitarbeitende, sondern häufig auch für verschiedene Stakeholder eine überzeugende Antwort liefern.

Jen Grubich, CLO von Cigna, stellt hierbei das Verständnis heraus, dass Weiterbildung Ihre Mitarbeitenden ebenso voranbringt wie Ihr Unternehmen. Ihr so einfacher wie pragmatischer Befund: „Lernen bringt Talente voran. Und Talente bringen das Unternehmen voran.“

2. Klassische L&D-Ansätze infrage stellen

Überlegen Sie sich, ob Ihre aktuellen Ansätze die gewünschten Ergebnisse liefern. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sollten Sie sich fragen, ob es nicht auch noch besser geht. Wenn Sie nur an bereits Erreichtem festhalten, entgehen Ihnen womöglich Chancen, um Lernen und Upskilling effizienter zu gestalten. Und auf diese Weise fördern Sie nicht das lebenslange Lernen. Denken Sie daher über den Tellerrand hinaus und eruieren Sie Wege, wie Sie noch weitaus größere Ziele erreichen können. Ein gutes Beispiel hierfür liefert etwa Checkr, ein Anbieter von Background-Checks für Mitarbeitende:

„Wir wollten nichts Geringeres, als den besten Arbeitsplatz zu bieten, den man sich nur vorstellen kann“, so Jamal Smith, Senior Learning und Development Specialist bei Checkr.

Im Kontext dieser Zielsetzung stellte man bei Checkr das bestehende Programm zur Erstattung von Weiterbildungskosten auf den Prüfstand. Grundsätzlich gilt die Erstattung entsprechender Kosten zwar als enormer Vorteil für Mitarbeitende, doch bei Checkr verhielt es sich so wie bei vielen Unternehmen: Das Programm zeigte nur wenig Wirkung; gerade einmal 3,5 % der darüber bereitgestellten Mittel wurden in Anspruch genommen.

So beschloss das L&D-Team von Checkr, die Thematik innovativer anzugehen, indem es Fördergelder für Weiterbildung und Lernakademien anhand von Learn In, einem Degreed-Unternehmen, bereitstellte. Über Learn In können Mitarbeitende Fördermittel über eine Prepaid-Kreditkarte nutzen, anstatt für Kurse oder Lernmaterialien zunächst in Vorleistung zu gehen und dann eine Rückerstattung beantragen zu müssen. 

Das Ergebnis: Bei Checkr schnellte die Nutzung von Bildungsgeldern von den früheren 3,5 % auf nicht weniger als 22 % in die Höhe. Zudem meldeten sich 99 % der Mitarbeitenden bei der Akademie-Plattform an. 

„Upskillings erfolgen nun deutlich schneller“, so Smith. „Außerdem stellen wir sicher, dass unsere Mitarbeitenden genau die Skills erlernen, die für die Umsetzung unserer Geschäftsziele benötigt werden.“

3. Kreativ werden, Einfachheit wahren und mit skillbasierten Strategien experimentieren

Die Umsetzung skillbasierter Lernstrategien muss keineswegs ein „Schreckgespenst“ sein.

Vielmehr kann es sich Griffiths zufolge sogar als spannend erweisen, Arbeitsstrukturen in einer Weise zu erneuern, die besser zu Ihren Anforderungen passen, und die Herausforderung einfach mit Freude anzunehmen.

Entscheidend ist in diesem Kontext das Erlebnis der Mitarbeitenden: Sie stehen im Mittelpunkt Ihrer Innovationsbemühungen, also steht und fällt Ihre Transformation hin zu einer skillbasierten Organisation mit dem, was für Ihre Mitarbeitenden funktioniert – oder eben nicht funktioniert. 

In ihrer Eigenschaft als IT-Leiterin im Weißen Haus stellte Theresa Payton fest, dass Regelwerke, Verfahren und Briefings rund um das Thema Cybersicherheit von Mitarbeitenden wenig positiv aufgenommen wurden: Zugehörige Schulungen beklagten sie als langatmig, die dabei vermittelten Richtlinien als einschüchternd, übermäßig lang und komplex. So erwiesen sich die Briefings und Richtlinien etwa im Zusammenhang mit der Meldepflicht beim Verlust von Geräten sogar als Hindernis bei der Sicherstellung der Cybersicherheit.

Um das Engagement der Mitarbeitenden und entsprechend auch die Cybersicherheit zu verbessern, vereinfachte Payton die Prozesse und gestaltete die Briefings unterhaltsamer. 

So startete sie ein Pilotprogramm, in dessen Rahmen die vormals langen Sicherheitsbesprechungen, die mit Mitarbeitenden beim Erhalt eines Arbeitstelefons abgehalten wurden, auf fünf Minuten verkürzt wurden und ein sogenanntes „Smartphone Happy Meal“ ausgehändigt wurde. Neben dem Telefon enthielt dieser durchdacht zusammengestellte Verschlussbeutel Süßigkeiten, Kugelschreiber und Bleistifte mit Logos des Weißen Hauses sowie eine Karte mit einer Telefonnummer, die Mitarbeitende jederzeit anrufen konnten, falls ihr Gerät verloren gehen sollte.

Eine interessante Idee, denn damit waren keine übermäßigen Kosten verbunden. Außerdem war das Smartphone Happy Meal kreativ, einfach und vor allem auch effektiv: Mitarbeitende meldeten den Verlust von Geräten nun in 100 % der Fälle – gegenüber 50 % vor Einführung des neuen Programms – und das innerhalb von einer Stunde nach Feststellung des Vorfalls und nicht wie vormals erst nach einem Arbeitstag.

Großartige Innovationen können also auch ganz einfach sein – und müssen weder groß angelegt noch komplex sein. Was L&D-Verantwortliche daraus mitnehmen können? Nun, dass sie sich nicht davon einschüchtern lassen sollten, sämtliche Richtlinien und Verfahren skillorientiert zu gestalten. Holen Sie Feedback ein, ermitteln Sie, wo Verbesserungspotenzial besteht, und experimentieren Sie mit neuen Ideen, wie Sie skillbasierte Methodiken so in Ihre Organisationsstrukturen integrieren können, dass Ihr Team optimal davon profitiert. 

4. Daten zur Aktivierung von Skills priorisieren 

Damit es gelingen kann, skillbasierte Organisationsstrukturen oder gar ein entsprechendes Mindset zu etablieren, sind Lern- und Skilldaten unabdingbar. Denn erst über sie können Sie feststellen, welche Skills in Ihrem Unternehmen vorhanden sind und welche noch benötigt werden. Klarheit über diese Diskrepanz, auch Skill-Gap genannt, hilft Ihnen, bestehende Talente unter Ihren Mitarbeitenden besser zu nutzen und zudem L&D-Budgets zielgerichteter einzusetzen.

„Ohne umfassende Skilldaten aus sämtlichen Systemen, die Sie nutzen, geraten Ihre Vorhaben gewissermaßen zum Blindflug“, sagte David Blake und merkte an, dass Degreed sich mehr denn je auf die Erfassung und Organisation von  Daten zum Lernerlebnis in der Lerntechnologie-Suite konzentriert. Denn für L&D-Verantwortliche ist die große Menge an nicht organisierten Daten heute eine der schwierigsten Herausforderungen – und gleichzeitig die größte Möglichkeit.

Wo also sollten Sie ansetzen?

Bestimmen Sie zunächst, welche Daten für Sie relevant sind. Und zwar nicht nur heute, sondern auch in Zukunft. Sonia Mooney, Consultant bei Sonia Mooney Signature Solutions, erläutert den Teilnehmenden der Degreed LENS, dass sie die Daten, die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt für wichtige Entscheidungen benötigen, nicht im Nachhinein erfassen können.

„Denken Sie nicht nur an die Daten, die Sie heute benötigen, sondern auch an Ihre zukünftigen Anforderungen. Auch die dafür nötigen Datenquellen müssen Sie also bereits jetzt zur Verfügung haben“, lautete ihr Appell in diesem Zusammenhang.

Die Erfassung und Auswertung von Daten ist jedoch nur ein Puzzleteil. Laut Derek Mitchell, Analytics Lead bei Novo Nordisk, erschließt sich das Potenzial von Daten aber erst dadurch, wie L&D-Verantwortliche sie einsetzen

So lautete sein Befund: „Daten auswerten ist das eine. Das andere ist aber, etwas mit ihnen anzustellen. Diagramme einfach nur durchzugehen und als interessant zu befinden, bringt wenig. Vielmehr gilt es, aus diesen Informationen abzuleiten, wie man Lernende unterstützen kann.“

Skillbasierten Organisationsstrukturen gehört die Zukunft. Denn als Indikator der Potenziale und Fähigkeiten von Beschäftigten sind Skills weitaus besser geeignet, als es Hochschulabschlüsse oder hochkarätige Jobtitel jemals sein könnten. 

Für die Umsetzung einer skillbasierten Methodik haben Sie durchaus Zeit. Und umso mehr dafür, dass diese auch zielführend erfolgt. Gehen Sie dabei einfach die oben ausgeführten Schritte durch, bestimmen Sie, wo Sie ansetzen möchten, und blicken Sie auf eine spannende Zukunft. Denn die Anstrengungen sind es wert. Definitiv!

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