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Inhalte kuratieren oder erstellen: Was ist besser für L&D?

Wie auf fast jede andere Branche weltweit wirkt sich KI auch auf L&D aus. Laut einer Studie des Training Magazine aus dem Jahr 2023 investiert mehr als ein Fünftel der L&D-Teams in generative KI. Sie nutzen KI für zahlreiche Bereiche, von der Empfehlung von Lerninhalten über die Kuratierung von Inhalten bis hin zur Ausrichtung von Lerninitiativen auf Skilldefizite. 

Doch obwohl KI sowohl die Kuratierung als auch die Erstellung von Inhalten einfacher denn je macht, war der Mensch noch nie so wichtig wie heute. L&D-Fachkräfte können immer noch am besten beurteilen, wann Inhalte erstellt oder kuratiert werden sollten. Und sie stellen sicher, dass die Inhalte auch wirklich Ergebnisse liefern.

Hier erfahren Sie, wie Sie zwischen der Erstellung und der Kuratierung von Inhalten für das Lernen auswählen und wie Sie Inhalte richtig kuratieren, sodass sich Ihre Bemühungen auch auszahlen und Sie Ihren ROI maximieren.

Die Grundlagen: Inhaltserstellung vs. Inhaltskuratierung

Viele Unternehmen lehnen die Kuratierung von Inhalten für die Entwicklung von Lernpfaden ab. Sie glauben, dass sie einfacher genau das erstellen können, was sie brauchen, statt die perfekte Ressource in einer Inhaltsdatenbank finden zu müssen – oder, wenn sie wirklich mutig sind, in den Weiten des Internets. Doch da irren sie sich.

Was genau ist Inhaltskuratierung – und was ist es nicht?

Sie wollen alle Lerninhalte selbst in der Hand haben und dem Ganzen auch noch das Branding Ihres Unternehmens hinzufügen? Wer will das nicht? Tatsächlich ist es aber so, dass sich kuratierte Lerninhalte für Ihrer Mitarbeitenden als viel ansprechender erweisen als selbst erstellte. Hinzu kommt, dass Sie kuratierte Inhalte schneller und kostengünstiger für verfügbar machen können. All dies gilt jedenfalls dann, wenn Sie es richtig machen. 

Stellen Sie sich vor, Sie haben die kuratorische Leitung eines Museums inne und gestalten eine Ausstellung. Egal, ob Sie Kindern etwas über ihre Lieblingssaurier oder Erwachsenen etwas über ihre historischen Lieblingsfiguren vermitteln möchten, Sie würden nicht einfach ein Sammelsurium an Exponaten in einen Raum stellen und dann allen Besucherinnen und Besuchern viel Glück bei der Besichtigung wünschen. Sie würden ein Erlebnis schaffen wollen. Sie würden ihnen eine Karte an die Hand geben. Und Sie würden dafür sorgen, dass sie etwas lernen, das ihnen tatsächlich nützt.

Lernpfade sind wie Museumserlebnisse, und jeder Inhalt ist wie ein Exponat. Ohne eine gut platzierte Tafel, die seine Bedeutung erklärt, weiß niemand etwas damit anzufangen. Genau wie ein  Ausstellungsstück braucht auch der Inhalt einen Kontext. Er muss eine Geschichte erzählen, mit einem klaren Anfang und Ende. Und er muss sowohl relevant als auch umsetzbar sein.

Inhalte erstellen oder kuratieren: Was passt zu Ihnen?

Was ist also besser: Erstellung oder Kuration? Ich gebe zu: Das ist keine einfache Frage, zumindest wenn es um Ihre L&D-Strategie insgesamt geht. Am besten tun Sie beides. Die meisten Inhalte sollten kuratiert werden, doch bei Bedarf darf es gerne auch der eine oder andere selbst erstellte Inhalt sein.

Besser kuratieren:

  • Wenn das Thema in Ihrer Branche gängig ist: Wahrscheinlich gibt es bereits gute Inhalte, die Sie nur noch finden müssen!
  • Wenn die Zeit oder das Geld knapp ist: Was so ziemlich immer der Fall ist, oder? Kuratieren ist günstiger und schneller als Erstellen.
  • Für sich schnell verändernde Branchen: Kuratierte Inhalte zu aktualisieren ist schneller und günstiger, als bei jeder Weiterentwicklung in der Branche gleich das Rad neu zu erfinden.
  • Bevor Sie in individuelle Inhalte investieren: Das Internet bietet so viele Lerninhalte wie nie zuvor. Selbst wenn Ihr Thema eine Nische zu sein scheint, lässt sich wahrscheinlich etwas darüber finden.

Besser erstellen:

  • Wenn das Thema sehr speziell oder besonders anspruchsvoll ist: Es könnte schwierig sein, qualitativ hochwertige, öffentlich zugängliche Inhalte zu finden.
  • Für unternehmens- oder abteilungsspezifisches Wissen: Ihre Prozesse, Produkte, Marken und Kunden sind einzigartig.
  • Wenn etwas fehlt: Schließen Sie die Lücke zwischen Wissen und Umsetzung, indem Sie Inhalte für individuelle Projekte und Aufgaben erstellen.
  • Wenn Sie hervorragende Fachkräfte haben: Unternehmen mit den besten Talenten sind in der Lage, die Erstellung von Inhalten in ihrer Branche anzuführen.

Häufige Fallstricke bei der Kuratierung – und wie sie sich umgehen lassen.

Beim Kuratieren kann man leicht Fehler machen, selbst als L&D-Profi. Deshalb haben wir unsere Expertenteams, die täglich mit Degreed-Kunden an der Ausgestaltung von Programmen arbeiten, um Tipps gebeten, wie sich die häufigsten Fehler bei der Kuratierung von Lerninhalten vermeiden lassen.

Fallstrick 1: Zu viel Inhalt

Zu den meisten Themen werden Sie weitaus mehr Inhalte finden, als Sie verwenden können. Allerdings ist davon auch nicht unbedingt alles gut. Die Suche nach den Perlen im „Müll“ kann Sie all Ihre Nerven kosten. Strukturieren Sie Ihre Suche also bestmöglich.

Best Practice

Halten Sie sich an eine Checkliste und ignorieren Sie alles, was nicht passt. Die nachfolgende Liste sollte Ihnen den Einstieg erleichtern – passen Sie sie aber ruhig auch an Ihre Bedürfnisse und Ihr Thema an:

  • Kurz und präzise? 
  • Sowohl einfach als auch relevant?
  • Angemessen für ein Fachpublikum?
  • Passt der Ton (nicht zu locker oder verkäuferisch)?
  • Wenige Pop-ups oder andere Ablenkungen?
  • Komplett kostenfrei und ohne Zugangsbeschränkungen? (Drei kostenlose Artikel pro Monat werden für viele Menschen nicht ausreichen.)

Fallstrick 2: Wiedergabelisten statt Lernpfade

Wenn sich Ihre Kurse eher wie Wiedergabelisten als wie Ausstellungsstücke anfühlen, verpassen die Lernenden etwas – und Ihr Unternehmen auch. Wiedergabelisten sind wie ein Museum voller Exponate ohne weitere Erläuterungen.

Best Practice

Betrachten Sie sich selbst als Dozent auf dieser Lernreise. Begleiten Sie das Erlebnis mit Hinweisen, wie der Inhalt richtig konsumiert wird, wie sich das Wissen praktisch anwenden lässt und warum es wichtig ist. Arbeiten Sie sorgfältig den Ablauf aus, dem die Lernenden folgen sollen, und machen Sie dies deutlich. An welchen Stellen sollten die Teilnehmer:innen Pausen einlegen?

Lenken Sie den Fokus auf das, was an den Inhalten am wertvollsten ist. Achten Sie auf eventuelle Einschränkungen, z. B. wo die Praktiken Ihres Unternehmens vom erstellten Inhalt abweichen könnten. Verknüpfen Sie schließlich die Konzepte mit der Praxis und betonen Sie den Nutzen für das Zielpublikum. Wie können sie das Gelernte sofort anwenden?

Fallstrick 3: Zu lange, gewundene Lernpfade

Ich kann etwa drei Stunden durch meine Lieblingsmuseen wandeln, bevor meine Gedanken abschweifen und ich mit der Planung des Abendessens beginne – und die meisten Leute, die ich kenne, sind schon lange vorher erschöpft.

Wenn Sie viele spannende Inhalte finden, ist es verlockend, Lernpfade zu erstellen, die vier oder sechs Stunden lang sind. Aber lange Pfade sind wie lange To-Do-Listen: Sie überfordern erst einmal. Die Erleichterung kommt dann damit, alles in kleinere Aufgabenblöcke aufzuteilen, die besser zu bewältigen sind.

Best Practice

Erstellen Sie Lernpfade von 60 bis 90 Minuten und unterteilen Sie diese in drei oder vier Abschnitte. Zerlegen Sie diese nochmals so, dass relevante Kurzeinheiten entstehen. So erhalten Sie 15- bis 20-minütige Lernsitzungen, die sich besser bewältigen lassen.

Möglicherweise lassen sich noch kleinere Dinge zusammenfassen, um Mikro-Lernmöglichkeiten zu schaffen. Mitarbeitende im Vertrieb können dann eine Mikrolektion zwischen zwei Telefonaten einschieben oder eine Softwareentwicklerin schafft gleich mehrere Mikrolektionen, während ihr Code kompiliert wird. Je kleiner Sie den Inhalt aufteilen können, desto mehr Lerninhalte können die Mitarbeitenden in ihren Arbeitsalltag einbauen.

Fallstrick 4: Gute Inhalte verstecken

Weisen Sie Mitarbeitende ruhig auf die besten Stellen eines langen Videos oder Artikels hin. Der Louvre versteckt die Mona Lisa ja auch nicht in einer schwach beleuchteten Kellerecke, also lassen Sie Ihre Glanzstücke nicht in einem Meer von weniger relevanten Inhalten untergehen.

Best Practice

Leiten Sie die Lernenden auf den richtigen Teil des Inhalts und weisen Sie darauf hin, dass der Rest zum Kontext gehört, optional oder unwichtig ist. Bieten Sie bei Videos und Podcasts einen Zeitstempel an. Bei Artikeln und internen Dokumenten sollten Sie dafür Verlinkungen verwenden.

Fallstrick 5: Alle Kuratierungsaufgaben allein bewältigen wollen

Sie kennen sich aus und es gibt eine Menge Themen, die Sie sehr gut kuratieren können. Das heißt aber nicht, dass Sie alles allein zusammenstellen sollten. Wahrscheinlich gibt es in Ihrem Unternehmen Fachkräfte, die passende Inhalte schneller erkennen und aufschlussreiche Zusammenhänge schaffen können, die Ihnen entgehen würden.

Mit ein wenig Hilfe von Ihnen können aus Fachkräften auch großartige Kuratorinnen und Kuratoren werden, die Ihr Unternehmen auf dem Weg zu einer skillorientierten Lernkultur unterstützen.

Best Practice

Bitten Sie eine Fachkraft um Hilfe beim Kuratieren von Inhalten, und Sie werden gemeinsam einen großartigen Lernpfad schaffen. Bringen Sie einer Fachkraft das Kuratieren bei und sie wird einen Lernpfad nach dem anderen erstellen. Wenn Sie nur eine Fachkraft pro Funktion weiterbilden könnten, um nur einen Lernpfad pro Monat zu erstellen, um wie viel würde sich Ihre Kapazität erhöhen?

Kuratieren Sie Ihren Pfad zu einer skillorientierten Organisation

Das Kuratieren von Inhalten ist schneller, günstiger und einfacher als das Erstellen, und wenn es gut gemacht ist, wirkt es sich positiv auf den ultimativen L&D-ROI aus: eine hochqualifizierte Belegschaft, die Ihr Unternehmen voranbringt.

Darüber hinaus fördern Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden zu meisterhaften Kurator:innen weiterbilden, statt zu einfachen Kreator:innen von Inhalten, erfolgreiche Strategien, die Mitarbeitende mit anderen Fachkenntnissen einfach übernehmen können. Ein entscheidender Punkt für die Zukunft eines jeden skillorientierten Unternehmens, denn skillorientierte Unternehmen werden von skillorientierten Mitarbeitenden angetrieben.

Ein Heer von gut ausgebildeten Fachkräften, die Ihre eigenen Mitarbeitenden weiterbilden, ist vielleicht ein sehr ehrgeiziges Ziel. Nur wenige Unternehmen haben dieses Niveau der skillorientierten L&D erreicht, doch viele sind auf dem besten Weg dorthin. Es sind die Unternehmen, die über robuste nutzergenerierte Inhalte und Peer-Coaching-Programme verfügen und sich auf das Lernkonzept „Suchen, Erkennen, Teilen“ stützen.