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Wann ist E-Learning effektiver als eine Präsenzschulung?

Vor gut zweieinhalb Jahren hat die COVID-19-Pandemie das Arbeitsleben und die öffentliche Gesundheit erheblich gestört. In dieser Zeit hat sich unsere Art zu arbeiten und zu lernen verändert – unsere ganze Lebensweise wurde regelrecht auf den Kopf gestellt.

Als Early Adopters von Remotearbeit und Remotelernen haben vorausschauende Führungskräfte als Reaktion auf die Umwälzungen neue Richtlinien für flexibles Arbeiten in Angriff genommen. Führungskräfte, die von Remotearbeit weniger begeistert waren, mussten sich wohl oder übel mit einer neuen Ära des virtuellen Lernens abfinden, die bis heute andauert. Überall auf der Welt und größtenteils unabhängig von der Branche müssen die Verantwortlichen für die Talententwicklung mit knapperen Budgets und kürzeren Reaktionszeiten auskommen. Und Unternehmen sind bestrebt, ihre Geschäftsziele auch in der neuen Arbeitswelt zu erreichen.

Wie wird sich das Lernen in Unternehmen nach der Pandemie langfristig entwickeln, nachdem Präsenzschulungen stark zurückgegangen sind?

Hoffentlich erkennen die Verantwortlichen in den Unternehmen, dass E-Learning genauso wertvoll ist wie Präsenzveranstaltungen.

Weiterbildungsverantwortliche können eine große Rolle dabei spielen, dieses Bewusstsein zu schaffen und zu festigen.

Was die Studien sagen

Untersuchungen zeigen, dass E-Learning genauso effektiv oder sogar effektiver sein kann als Präsenzunterricht, wenn bewährte Methoden der Erwachsenenbildung eingesetzt werden. Jahrzehntelange Studien haben ergeben, dass schon die Vorläufer des E-Learnings effektiv waren. 1947 stellte die US-Armee beispielsweise fest, dass es keine Unterschiede in den Lernergebnissen zwischen Gruppen gab, die sich einen Lehrfilm ansahen, und solchen, die von einem Ausbilder mit demselben Filmskript am echten Gerät und mit Unterstützung von Standbildern persönlich unterrichtet wurden.

Will Thalheimer, ein führender Experte für Lernen, Technologie und Design, hat eine Reihe von Forschungsergebnissen zusammengestellt, die die Schlussfolgerung der E-Learning-Fachleute Ruth Colvin Clark und Richard E. Mayer stützen: Die Methoden sind entscheidend, nicht das Medium.

In dem treffend betitelten Artikel „Does eLearning Work“ (Funktioniert E-Learning) stellt Thalheimer fest:

  • „Wenn bei E-Learning und Präsenzunterricht dieselben Lernmethoden eingesetzt werden, werden durch beide Formate dieselben Ergebnisse erzielt“, und
  • „Effizientes Lernen ist nicht vom Medium abhängig (E-Learning oder Präsenzschulung), sondern von den Lernmethoden. Ausschlaggebend sind realistische Übungen, regelmäßige Wiederholungen, Anwendungsbeispiele aus dem echten Leben und Feedback.“

Eine Chance, kein Problem

Der Lernprozess wird von der Wahrnehmung beeinflusst. Doch viele Unternehmen erkennen die Vorteile des virtuellen Lernens nicht.

Einige Anwender:innen behaupten, die Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmenden sei bei Präsenzveranstaltungen deutlich länger. Aber wenn der Unterricht antiquiert, langweilig oder repetitiv ist, leidet der Lernerfolg darunter – egal, ob es sich um E-Learning oder eine Präsenzveranstaltung handelt. Die Qualität der Lehrkraft und des Lehrplans ist wichtiger als der Ort. 

Einige Lernverantwortliche sind der Meinung, dass virtuelles Lernen ihre Möglichkeiten, die Entwicklung am Arbeitsplatz zu steuern, einschränkt oder gar aushebelt, insbesondere beim mitarbeitergesteuerten Lernen. Selbstbestimmtes E-Learning erfordert von den L&D-Profis ein Umdenken im Hinblick auf die Teilnahme. Sie brauchen eine neue Strategie und das kostet natürlich Zeit und Ressourcen. Viele sind aber auch der Ansicht, asynchrone Lernangebote böten im Vergleich zu Präsenzveranstaltungen durch die größere Flexibilität eine bessere Zugänglichkeit – und erhöhten damit Produktivität und Effizienz.

Sind die Herausforderungen erst einmal überwunden, kann Remotelernen dem Unternehmen beträchtliche Vorteile bringen. Zum Beispiel können Sie:

  • gleichzeitig viele Teilnehmende aus unterschiedlichen Regionen schulen, ohne dass dabei Reise- oder Hotelkosten anfallen,
  • die Kosten für Unterrichtsmaterialien senken, beispielsweise für Handbücher, Lernhilfen und Büroausstattung,
  • Lernenden die Möglichkeit geben, in ihrem eigenen Tempo zu lernen, und so kognitiver Überfrachtung und Lernmüdigkeit vorbeugen.

Um von E-Learning zu profitieren, müssen Sie Onlinelernen aus einer neuen Perspektive betrachten. Das beginnt beim Top-down-Leadership.

Um die Akzeptanz des virtuellen Lernens in Ihrer Organisation zu beeinflussen, sollten Sie:

1. Ressourcen optimal nutzen

Die in Schulungen investierte Zeit, das Geld und die Mühe sind verschwendet, wenn die Mitarbeitenden das Gelernte nicht in die Praxis umsetzen. Die Lernenden müssen selbst die Verantwortung für ihren Lernerfolg übernehmen und das Gelernte eigenständig vertiefen, ansonsten gehen die Lernerfolge verloren. Das ist häufig in Büroumgebungen der Fall und gilt auch für Remotearbeit und Remotelernen.

Machen Sie Führungskräfte, einschließlich der Unternehmens-, Abteilungs- und Teamleitungen, dafür verantwortlich, dass Wissen auch in Leistung umgesetzt wird. Stellen Sie dazu die notwendigen Schulungen, Vorlagen und Richtlinien bereit und halten Sie regelmäßige Besprechungen (bei Bedarf unter vier Augen) ab, um eine zielgerichtete Anwendung sicherzustellen. Physische und virtuelle Lernumgebungen bringen Herausforderungen mit sich, aber diese Probleme lassen sich mit Leistungsunterstützung und Verantwortlichkeit leicht überwinden. Die Mitarbeitenden müssen das Gelernte in die Praxis umsetzen, und die Führungskräfte müssen es messen, um den größten finanziellen Nutzen für das Unternehmen zu erzielen.

2. Feedbackbetrug vermeiden

Schulen Sie Führungskräfte, damit sie die Leistungsindikatoren verstehen, die für das virtuelle Lernen von zentraler Bedeutung sind, z. B. Mitarbeiterengagement, Mitarbeiterbindung und Karrieremobilität. Verstehen Sie, wie Schulungsleiter die Aufmerksamkeit der Lernenden noch stärker wecken und halten können und wie sie dieses Engagement nutzen können, um die Anwendung im „echten Leben“ am Arbeitsplatz zu fördern und zu stimulieren. Lernen soll keine Eintagsfliege sein, sondern ein Mindset. Schulen Sie Ihre Führungskräfte darin, persönliche Entwicklungsgespräche mit ihren Mitarbeitenden zu führen und ihnen die Möglichkeit zu geben, das Gelernte anzuwenden.

Verantwortlichkeit ist teuer. Ein übersteigertes Leistungsgefühl und nicht gerechtfertigte Erfolgsannahmen sollten vermieden werden. Geben Sie den Ausbildenden deshalb die Tools an die Hand, die sie benötigen, um diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Stellen Sie sicher, dass das Schulungspersonal Zugang zu den richtigen Ressourcen hat, wie z. B. geeignete Lerntechnologien, berufliche Weiterbildung und Personal, um den Erfolg der Lerninitiativen zu messen.

3. Einstellungen transformieren und Lernerfolge stärken

Jack Phillips, der Begründer der ROI-Methodologie, empfiehlt, über die Lernbewertungsebene 1 (Reaktion der Lernenden) und die Smile Sheets hinauszugehen. Feedback sollte nicht nur nebenbei gegeben werden. Ändern Sie Ihre Sichtweise auf Schulungsevaluierungen und beginnen Sie, Ihre Messstrategie auf die Erfassung von Anwendungsdaten (Stufe 3) auszurichten, die zur Ermittlung der geschäftlichen Auswirkungen (Stufe 4) führen und einen höheren ROI (Stufe 5) ermöglichen. Überdenken Sie die Art und Weise, wie Schulungen konzipiert werden (Ermittlung der Bedürfnisse der Lernenden und wie sich diese auf die Geschäftsergebnisse auswirken), und die Art und Weise, wie sie in einer virtuellen Lernumgebung durchgeführt werden (Auswahl der richtigen Lernplattform und Entwicklung einer Evaluierungsstrategie, die den Transfer des Gelernten an den Arbeitsplatz gewährleistet).

Statten Sie auch das Schulungspersonal mit den Materialien und Schulungen aus, die es benötigt, um sein Wissen über virtuelle Lehr- und Lernmethoden schnell zu erweitern.

Mit der Zeit werden Sie vielleicht feststellen, dass die Vorteile des virtuellen Lernens in Wirklichkeit deutlich größer sind als die von Präsenzschulungen.

Oftmals schafft E-Learning besondere Möglichkeiten, bei denen die Herausforderungen des konventionellen Lernens zugunsten von Vorteilen beiseitegeschoben werden, wie z. B.: 

  • Stärkeres Engagement
  • Umfassendere Personalisierung
  • Größere Auswahl an Medien
  • Deutliche Zeitersparnis

E-Learning bietet Möglichkeiten, die es bei traditionellen Schulungen nicht gibt. Die Zeit, die Bemühungen und die Ressourcen unserer Mitarbeitenden sind zu wichtig, um sie zu vergeuden. Deshalb müssen unsere Ressourcen über unsere E-Learning-Plattformen leicht zugänglich sein, und zwar mit einem Mausklick.

Nelson Santiago ist Chief Learning and Inclusion Officer bei Learning DNA.